Club-News 29.04.2023
29.April 2023

Club-News 29.04.2023

29
April
Erstellt von Presseteam SCW
Kategorie: Club-News, Skispringen
2023
29 .April 2023
Kategorie: Club-News, Skispringen
Erstellt von Presseteam SCW

Michelle Göbel beendet ihre Laufbahn

 

Das Herz der Willingerin schlägt weiter für den Sport, „aber ich will nicht alles auf diese eine Karte setzen“

Sie steckt mitten im Abitur an der Eliteschule des Sports in ihrer Heimat Willingen und hat mittendrin endgültig nach vielen Gesprächen und reiflichen Überlegungen eine Entscheidung getroffen, die ihr nach elf Jahren Leistungssport alles andere als leicht gefallen ist: Michelle Göbel beendet ungeachtet ihrer großen Erfolge im vergangenen Winter mit 19 Jahren ihre Laufbahn. „Mein Herz schlägt weiter für den Sport, aber ich will andererseits nicht alles auf die Karte Sport setzen.“

 

Die ersten Weltcup-Punkte an ihrem Geburtstag und das erste Live-Interview in der ARD in Rasnov, der Gesamtsieg im Continental Cup, ein erster Einzelsieg im FIS-Cup und zwei Medaillen bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Kanada hätten eigentlich mehr als genug Motivation für neue Ziele im Damenskispringen sein müssen, das inzwischen boomt wie noch nie. Nach dem ersten Skifliegen in Vikersund tun sich neue Perspektiven auf, bewirbt sich etwa Planica um eine reine Skiflug-WM für Frauen, könnte im Winter 2024/25 die lang ersehnte Vierschanzentournee der Damen endlich wahr werden und hätte schon im kommenden Winter ein Weltcupstart auf der heimischen Mühlenkopfschanze (2. bis 4. Februar) für das große Talent des Ski-Clubs Willingen wahr werden können.

Dreifach-Weltmeisterin Katarina Althaus hat gerade bei ihrer Hochzeit dem früheren Bundestrainer Andreas Bauer verraten, dass ihr vielumjubelter Sieg vor der Rekordkulisse von 23.500 Zuschauern im Waldecker Upland trotz der vielen anderen Medaillen und Erfolge das größte Saisonerlebnis für sie gewesen sei.  Doch Michelle Göbel hegte dagegen schon seit Beginn der letzten Sommersaison Rücktrittsgedanken. Sie erhoffte sich aber selbst trotz der vielen Fahrerei, rund 250 Stunden war sie im letzten Winter auf Tour, und der Zusammenarbeit mit den verschiedensten Trainern in unterschiedlichen Trainingsgruppen neue Motivation und neue Ziele durch mögliche Erfolge im Winter, die sich ja auch wahrlich einstellen sollten.

 

Die Fortsetzung der Karriere aber hätte auch viele Veränderungen für die junge Frau nach sich gezogen. Nachdem etwa ihr Kadertrainer Andre Pschera lange nicht auf ihren möglichen Rücktritt reagiert habe und sie neben ihren Eltern nur den Sportpsychologen als Gesprächspartner hatte, versuchten am Ende auch die Sportverantwortlichen im Deutschen Skiverband Brücken zu bauen. Ein Behördenplatz bei der Bundeswehr oder beim Zoll wäre ihr sicher gewesen, auch die Ausrüster und Sponsoren standen parat und selbst der schon vor zwei Jahren wegen des Abiturs in Willingen abgesagte Umzug nach Oberstdorf zum Schluss kein Thema mehr. Stattdessen war zunächst ein Modell angedacht, im Stützpunkt  Oberhof auf der Schanze und die Krafteinheiten weiter in Willingen zu trainieren.

Doch dieser Tage hat sich Michelle auch nach einem langen Gespräch mit Ski-Club-Vorsitzenden Jürgen Hensel („Es ist immer schade, wenn Sportler so früh aufhören“) letztendlich entschieden „an das sportliche Kapitel einen Hacken zu setzen und mich anderen Dingen zu widmen.“ Dies hat sie dem DSV, ihrer Managerin Petra Behle, den Ausrüstern und Sponsoren mitgeteilt. Sie will jetzt sehen, ob es nach dem Abitur mit einem Studium in Richtung Psychologie gehen kann. Obwohl sie es begrüßen würde, wenn es im Sport mehr Trainerinnen besonders im Frauenbereich geben würde, ist eine Laufbahn in dieser Richtung für sie überhaupt kein Thema. „Man hat mir sogar auch schon angeboten, es als Sprungrichterin zu versuchen“, lacht sie auf. Mit Angelika Göbel gibt e bekanntlich schon eine FIS-Sprungrichterin in der Familie, die bei mehreren internationalen Wettbewerben von Michelle auch im Kampfrichterturm gesessen ist.

 

Auch sei schon vermutet worden, dass ihr Freund Justin Reinsch ein möglicher Grund für das Karriereende sei, der demnächst auch beim SC Willingen Fußball spielen wird. „Ich kannte ihn noch gar nicht, als ich mich zum ersten Mal mit dem Thema Rücktritt beschäftigt habe.“  Zurück zum Abitur: Deutsch ist geschrieben, Biologie und Sport schriftlich sowie die Sportprüfung folgen Mitte Mai, bis Mitte Juni folgen  dann die mündlichen Prüfungen. Eigentlich hatte sich Michelle Göbel bis dahin selbst eine Bedenkzeit eingeräumt, die sie jetzt nicht mehr in Anspruch nehmen wird. Eine erfolgreiche Laufbahn endet für viele viel zu früh und hätte möglicherweise eine große sportliche Zukunft gehabt.

„Ich bin sehr traurig darüber“, sagt ihr langjähriger Heimtrainer Jörg Pietschmann mit Tränen in der Stimme. „Aber man muss es akzeptieren.“ Und auch DSV-Disziplinchef Horst Hüttel hat schon signalisiert, dass er für den Fall, dass Michelle im Sommer doch noch Sehnsucht auf die Schanzen bekommt, alles möglich machen werde, um die Willingerin wieder zu integrieren. Aber die ist fest entschlossen, es ohne Skispringen zu versuchen.