Weltcup-Splitter 27.12.2017
Erstmals wieder ein DSV-Adler in Gelb zur Tournee
Freitag will an Schmitt und Hannawald anknüpfen
Willingens Stephan Leyhe zum vierten Mal dabei
Erstmals seit Martin Schmitt in der Saison 2000/2001 geht mit Richard Freitag wieder ein deutscher Skispringer als Topfavorit in die Vierschanzentournee. Der 26-Jährige aus Aue, der seit diesem Sommer in Oberstdorf lebt und trainiert, gewann drei der bisherigen sieben Weltcupspringen in diesem Winter und ist damit Spitzenreiter im Gesamtweltcup vor seinem Teamkameraden Andreas Wellinger, der den schnauzbärtigen Sachsen frühestens beim Neujahrsskispringen in Garmisch-Partenkirchen an der Spitze ablösen könnte. Hinter Daniel Andre Tande, dem Pechvogel der vergangenen Tournee aus Norwegen, folgen die früheren Tourneesieger Kamil Stoch (Polen, Titelverteidiger) und Stefan Kraft (Österreich, 2014/15).
Während Österreichs erstmals seit langer Zeit ohne einen Weltcupsieg in den bisherigen Saisonspringen antritt, können die DSV-Adler von Bundestrainer Werner Schuster schon auf vier Siege in sieben Einzelspringen verweisen. Auch Markus Eisenbichler rangiert im Gesamtweltcup unter den Top Ten, mit dem Willinger Stephan Leyhe und dem Oberstdorfer Karl Geiger puschen sich zwei weitere Adler regelmäßig unter die Top 15. Und auch Pius Paschke und Constantin Schmid ließen bereits aufhorchen. Andreas Wank hofft nach einem Continentalcup-Sieg wie David Siegel in der nationalen Gruppe auf seine Chance. Insgesamt können zwölf Adler in Oberstdorf beim Auftakt dabei sein.
Für Stephan Leyhe (Foto) ist es die vierte Tournee. Nach Platz 14, 20 und acht in der Gesamtwertung will er nach zuletzt kleinen technischen Problemen wieder liefern, die Olympia-Norm für Pyeongchang ist ohnehin schon eingefahren. Nach 16 Jahren dürfen die deutschen Skispringer wieder vom Tournee-Gesamtsieg träumen, der ja nicht gleich wie zuletzt von dem heutigen Eurosport-Experten Sven Hannawald mit vier Siegen auf allen Schanzen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen errungen werden muss, dem bisher einzigen „Grand Slam“ in der Geschichte.
Doch wie in jedem Jahr werden ab Oberstdorf die Karten in der Regel neu gemischt. Bezeichnend: In den vergangenen zwölf Jahren gelang es gerade einmal drei Athleten, ihrer Favoritenrolle auch bei der Vierschanzentournee gerecht zu werden. Zuletzt schaffte es der Slowene Peter Prevc vor zwei Jahren, als Weltcupführender auch die Tournee zu gewinnen. In den Jahren zuvor waren die Favoriten stets an der „Diva Vierschanzentournee“ gescheitert, mit Ausnahme von Thomas Morgenstern (Österreich, 2010/11) und Jakub Janda (Tschechien), der 2005/06 als Weltcupführender gemeinsam mit dem Finnen Janne Ahonen triumphierte.
Tragischer Held ist in diesem Zusammenhang der Schweizer Simon Ammann. Der Vierfach-Olympiasieger hatte von 2006 bis 2010 gleich dreimal den Weltcup bis zum Skispringen in Engelberg dominiert, der Tourneesieg blieb ihm allerdings bis jetzt verwehrt, es reichte für Ammann immerhin zu zwei zweiten und zwei dritten Plätzen in der Gesamtwertung.
Für Richard Freitag spricht die Tatsache, dass er in diesem Winter ähnlich dominant gesprungen ist wie Prevc, Morgenstern und Janda bei ihren Tourneeerfolgen. Alle hatten, wie Freitag in diesem Winter, mindestens drei Springen vor der Tournee gewonnen, Morgenstern und Janda sogar vier. Peter Prevc hatte vor zwei Jahren drei Erfolge und drei zweite Plätze im Gepäck, als er nach Oberstdorf anreiste. Bei Freitag sind es in diesem Winter drei Siege, zwei zweite Plätze sowie Rang vier in Wisla und Platz sechs in Ruka.
Für das Auftakt-Springen in Oberstdorf und das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen werden insgesamt 13 Athleten nominiert. Die folgenden zwölf Springer stehen fest: Markus Eisenbichler, Richard Freitag, Karl Geiger, Stephan Leyhe ,Pius Paschke, Constantin Schmid und Andreas Wellinger. In der nationalen Gruppe sind dabei: Moritz Baer, Martin Hamann, Felix Hoffmann David Siegel und Andreas Wank. Ein weiterer Starter wird nach den Continentalcup in Engelberg nominiert.
"Die Vorfreude auf die Vierschanzentournee ist in der gesamten Mannschaft groß. Denn zum einen erfährt die Traditionsveranstaltung eine große Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit und zum anderen haben wir uns in den vergangenen Wochen und Monaten ein gutes Fundament für dieses erste Großereignis des Winters geschaffen.“, erklärte der Bundestrainer. „Mit unseren guten Vorleistungen im Rücken wollen wir weiterhin locker und offensiv an die Wettkämpfe herangehen. Die vielen tausend Fans in den vollen Stadien werden sicherlich wieder für eine tolle Kulisse sorgen und uns zusätzlich unterstützen. Ein Privileg, dass uns motiviert - das wir aber auch genießen wollen. Unsere gute Frühform ist das Resultat konsequenter und konzentrierter Trainingsarbeit. Daher haben wir in den Tagen nach dem letzten Weltcup in Engelberg auch noch einmal in Oberstdorf trainiert. Wir fühlen uns nun bereit für die nächsten Aufgaben. Ein Baustein für unsere bisherigen Erfolge ist auch der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft. Die Sportler pushen sich gegenseitig zu Höchstleistungen und freuen sich gemeinsam über den Erfolg des Teamkameraden - egal, ob Podestplatzierungen, Top-Ten-Ergebnisse oder Weltcup-Punkte.“ .
"Für mich wird es meine vierte Teilnahme an der Vierschanzentournee. Bei der Premiere war ich 14., im Vorletzten Jahr war ich am Ende 26ster. Im vergangenen Jahr Achter. Die Richtung stimmt also, und ich hoffe, auch heuer wieder einen Schritt nach vorne machen zu können. Meine bisherigen Saisonleistungen stimmen mich zuversichtlich, dass ich das schaffen kann.“, sagt Stephan Leyhe. „Die Motivation die Tournee zu springen ist ohnehin groß - vergleichbar mit Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen. Das besondere bei der Tournee sind aber die Fans. Mit ihrer Unterstützung springen zu dürfen, ist Gänsehaut pur und ein einzigartiges Erlebnis. Bei der Tournee kommt für mich das beste zum Schluss: zum einen mag ich die Schanze in Bischofshofen sehr und zum anderen feiere ich dort am Qualifikationstag meinen Geburtstag."
Kuttin verzichtet vorerst auf Poppinger
Österreichs Cheftrainer Heinz Kuttin hat nach einem Trainingskurs in Seefeld und Garmisch-Partenkirchen sein Aufgebot für die Vierschanzentournee nominiert. Danach wird Manuel Poppinger Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen verpassen. Der 28-Jährige wird sich dem Training widmen und mit dem Bergiselspringen in Innsbruck wieder zur Mannschaft zurückkehren. Von Beginn an bei der Traditionsveranstaltung zum Jahreswechsel dabei sein werden Stefan Kraft, Gregor Schlierenzauer, Michael Hayböck, Manuel Fettner, Daniel Huber und Clemens Aigner. „Die Entscheidung ist diesmal alles andere als leicht gefallen, da wir den siebten Quotenplatz im Continentalcup leider verpasst haben und daher nur sechs Athleten für alle vier Bewerbe der Tournee nominieren können“, erklärte Kuttin.
Janne Ahonen nicht bei der Tournee
Janne Ahonen, der die Vierschanzentournee fünfmal gewonnen hat, wird nach bisher schwachen Resultaten an der Ausgabe 2017/18 nicht teilnehmen. Der Finne wird stattdessen trainieren und will im Januar in den Weltcup zurückkehren. Antti Aalto, Eetu Nousiainen und Jarkko Maeaetae springen bei der Tournee, der verletzte Ville Larinto versucht sich wieder im Continental Cup.
Hula Meister – Stoch auf Platz drei
Stefan Hula hat sich am zweiten Weihnachtsfeiertag in Wisla mit Sprüngen von 123,5 und 126 m den polnischen Meistertitel gesichert. Der 31-Jahre alte Skispringer aus Zakopane erreichte auf der Adam-Malysz-Schanze insgesamt 254,3 Punkte und setzte sich damit überlegen gegen Piotr Zyla durch, der auf 119 und 120 Meter und 231,9 Punkte kam. Platz drei ging wenige Tage vor der Vierschanzentournee zur Jahreswende an den favorisierten Doppel-Olympiasieger Kamil Stoch (226,2/ 126 +111,5 m).