WM-Fazit 8.3.2021
Karl, der Große“ und seine „WM dahoam“
Oberstdorf ist stolz auf seinen Medaillen-Held
Eisenbichler wie Nykänen und Schlierenzauer
Er galt als der „Kleinschanzen-Karle“. Dann wurde er Skiflug-Weltmeister, gewann das Tournee-Springen in Oberstdorf, belegte Platz zwei bei der Vierschanzen-Tournee und wurde zum großen Abräumer bei der „WM dahoam“. In Oberstdorf, das sich an den Orts- und Straßenschildern als „Weltmeister-Ort“ präsentiert, wird man ihm sicherlich eines Tages ein Denkmal bauen. „Soweit würde ich noch nicht gehen“, winkt Lokalmatador Karl Geiger bescheiden ab, der zwischen diesen mega Erfolgen in diesem Winter auch noch Vater wurde und eine Corona-Pause wegstecken musste.
Aus dem „Kleinschanzen-Karle“ ist „Karl, der Große“ geworden. Er krönte sich bei einer Weltmeisterschaft ohne Zuschauer in seinem Heimatort und machte sie zu einem tollen Erfolg. auch ohne Zuschauer zu einem großen Erfolg. In seinem Sog war für seinen Kumpel Markus Eisenbichler, Rückkehrer Severin Freund und WM-Debütant Pius Paschke das Gold im Team auch etwas ganz Besonderes. Und Bundestrainer Stefan Horngacher trat damit aus dem Schatten seine Vorgängers Werner Schuster heraus. «Ich bin wahnsinnig stolz auf meine Jungs. Das war unser Ziel», sagte er nach dem Krimi im Mannschaftsspringen. An der Schanze gratulierten die stolzen Ersatzleute Hamann und Schmid , aus der Ferne über die sozialen Medien die vielen Fans und auch Stephan Leyhe, Andreas Wellinger oder Richard Freitag, die diesmal nicht dabei sein konnten.
Nervenstark und cool präsentierte sich das Quartett. Paschke ist mit 30 Jahren erstmals Weltmeister. «Das ist wirklich Wahnsinn. Es ist der emotionalste Skisprung-Tag, den ich erlebt habe», sagte der WM-Neuling. Schlussmann Geiger, der im Finale Dawid Kubacki und Stefan Kraft besiegte, wurde von Paschke als «eine Maschine» tituliert. «Er liefert immer ab, wenn es zählt.»
Eisenbichler schlug einen Tag nach seinem Sturz im Einzel mit zwei überragenden Sprüngen zurück. Der Dank galt auch seiner Freundin, die ihn via Telefon wieder aufgebaut hatte. «Ich mag diese Teamwettkämpfe einfach, wir reisen das ganze Jahr zusammen. Ich sehe meine Teamkollegen mehr als meine Freundin», sagte der 29 Jahre alte Bayer, der zwei seiner drei Titel von 2019 erfolgreich verteidigen konnte. Mit insgesamt sechs WM-Goldmedaillen steht er nun auf einer Stufe mit Skisprung-Legenden wie Matti Nykänen oder Gregor Schlierenzauer.
Begeistert war auch Routinier Freund, der sechs Jahre nach seinem Coup von Falun nach zwei Kreuzbandrissen nun wieder ganz oben steht. «Man kann's erahnen, was es mir bedeutet nach der ganzen Zeit», sagte der Älteste des Quartetts. Der Sieg sei «mega» und «unglaublich». Eisenbichler hob Freund gar explizit «als Vorbild» hervor und sagte: «Das freut mich mega für ihn.»
Karl Geiger wird nach der Bilderbuch-WM jetzt erst einmal seine Frau und Tochter Luisa in den Arm nehmen. Zweimal Gold im Mixed und im Team, je einmal Silber und Bronze in seinem Oberstdorfer Schanzen-Wohnzimmer machen den bescheidenen Skispringer zum neuen „Schanzen-Giganten“. «Sensationell» nennt der 28-Jährige selbst die Tage im Allgäu. «Eine Heim-WM ist immer etwas Besonderes, da freue ich mich schon seit fünf Jahren drauf. Ich bin froh und stolz, dass ich hier so abliefern durfte.»
Und Stefan Horngacher spendete ein Riesenlob. «Ich habe noch nie so einen Athleten trainieren dürfen, der so eine mentale Stärke hat. Er ist ein unglaublicher Athlet. Hut ab.» Bevor es erst in zwei Wochen zum abschließenden Skifliegen nach Planica geht, können Trainer und Team alles sacken lassen, darf Karl Geiger einfach stolz sein auf «sein» Oberstdorf und die mit vielen freiwilligen Helfern und „Pappkameraden“ auf den Tribünen bewältigte Corona-WM.
In einer ruhigen Minute wird der „Karle“ sicherlich in den nächsten Tagen einfach mal locker mit seiner kleinen Familie an die Schanzen am Schattenberg spazieren gehen und seinen großen Erfolg in aller Ruhe genießen.